Großartige Torjäger hatte der MSV Duisburg schon einige in seinen Reihen. Noch heute schnalzen die Fans mit der Zunge, wenn sie die Namen Ronald Worm, Rudi Seliger, Helmut Rahn oder Bachirou Salou hören. Einer, der nahtlos in diese Reihe passt, ist Michael Tönnies, der heute stolze 50 Jahre alt. Die ganze Zebra-Familie gratuliert aufs herzlichste!
Vielleicht trudelt sogar ein Glückwunsch-Telegramm von Ex-Nationalkeeper Oliver Kahn bei Tönnies, der heute in Essen lebt, ein. Kahn stand zumindest Pate, als „Tönni“ seinen wohl größten Tag erlebte und den Zebra-Fans einen unvergesslichen Abend bescherte. Am 27. August 1991 tauchte Michael Tönnies immer wieder vor Kahn auf und traf. Erst in der 11., dann erneut in der 12. und 16. Minute.
Gut 300 Sekunden benötigte „Tönni“, um Bundesliga-Geschichte zu schreiben. Damals erzielte der MSV-Stürmer im Match gegen den Karlsruher SC den bis heute schnellsten Hattrick aller Zeiten. Mit 6:2 gewannen die Zebras, Tönnies erzielte an jenem Dienstagabend noch zwei weitere Tore. „Es war ein einmaliger Tag, jeder Schuss ein Treffer. Ich hatte das Glück, das ein Torjäger braucht“, könnte es Tönnies anschließend selbst nicht fassen.
Ihn hatte ohnehin keiner auf der Rechnung. Das war allerdings nicht ungewöhnlich, galten die Zebras schon vor der Saison mal wieder als Absteiger Nummer eins. Neun Jahre hatten sie zuvor in unteren Ligen gespielt und waren gerade mit einer „Rentnerband“ aufgestiegen. Mittendrin der 32 Jahre alte Michael „Tönni“ Tönnies, der stets etwas beleibt daher kam, im Strafraum aber wie eine Wuchtbrumme aufdrehte.
Ganz Marke Gerd Müller fühlte sich „Tönni“ in diesem Metier pudelwohl. „Der Dicke hat sie immer reingemacht, auch auf engstem Raum“, erinnert sich Mitspieler Ferry Schmidt. Erst wurde die Amateur-Meisterschaft errungen und dann ging es in die Zweite Liga, in der Tönnies so richtig aufdrehte. Insgesamt sechs Jahre war der gebürtige Essener für die Zebras aktiv und gehörte regelmäßig zu den Top-Torschützen.
Vor allem seine Treffer waren es, die den MSV wieder zurück in den großen Fußball brachten. In der Aufstiegssaison 1990/91 erzielte er 29 Tore. So viele, dass es sogar der auf Disziplin achtende Trainer Willibert Kremer übersah, wenn Tönnies ein wenig Bier trank und gelegentlich eine Zigarette rauchte. Die Leistung stimmte trotzdem. „Pommes und Bier, das war meine Welt, auch wenn die Fitness drunter litt“, weiß Tönnies heute noch.
Am Abend des 27. August 1991 durfte er sich nach dem Abpfiff eine extragroße Portion Pommes-Schranke gönnen. Tönnies machte kurzen Prozess und schuf dem Fußball-Wahnsinn an der Wedau. In der 11. Minute bediente Toni Puszamszies den von der KSC-Abwehr sträflich allein gelassenen Torjäger, wenige Sekunden später war Tönnies mit einem Fallrückzieher nach Vorlage von Wladimir Ljuty erfolgreich. Den schnellsten Bundesliga-Hattrick aller Zeiten machte „Tönni“ aus kurzer Distanz nach Vorarbeit von Dirk Bremser perfekt. Längst hatten sich die Zebras in einen Rausch gespielt und waren noch nicht satt. Tönnies erzielte noch zwei Tore und bereitete auch den Treffer von Ewald Lienen vor.
Im Sommer 1992 wechselte Tönnies zum Zweitligisten Wuppertaler SV, für den er noch bis 1994 spielte. Seiner Heimat, dem Ruhrpott, blieb er anschließend treu - und auch dem MSV. Aktiv spielen kann er aus gesundheitlichen Gründen zwar nicht mehr, aber erst neulich war er Gast, als die Meidericher Traditionself mit Bernard Dietz und Martina Voss an der Spitze für einen guten Zweck spielte. In Duisburg bleibt er ohnehin unvergessen. Alles Gute, „Tönni“, und noch mindestens 50 weitere Jahre.